Heiss ersehnt und doch unerwartet
Wenn ich mich im Garten von einem Ende zum anderen bewege, ist es mittlerweile für mich recht normal geworden, ein ständiges Geraschel von Eidechsen zu hören, die fluchtartig bei meinem Erscheinen ihre Sonnenplätze verlassen. Nur einige grosse Exemplare, die ganz in sich ruhen, (oder nach meiner Interpretation mich besser kennen), machen sich nicht die Mühe auch nur meinem Schatten auszuweichen.
Ein solch grosses Exemplar glaubte ich heute bei der Gartenarbeit auf einem Stein auszumachen. Bis ich genauer hinschaute und für meinen Geschmack bei einer Mauereidechse etwas zu viel hellgrün wahrnahm. Sollte das etwa…?! Ich war wie elektrisiert, bewegte mich langsam von der Echse in Richtung Haus, um schnell meine Kamera zu holen. Ich schaffte es ein Beweisbild zu schiessen und das Tier zu bestimmen: Und tatsächlich, ich habe meine erste Zauneidechse im Garten!
Ich bin schon lange von diesen schön gefärbten Schuppentieren fasziniert, die aus einer anderen Zeit zu stammen scheinen. Seitdem ich unseren Garten in einen Naturgarten umbaue, träume ich davon einmal die seltenen Zauneidechsen an unserem Südhang ansiedeln zu können. Auf der anderen Seite der Aare nicht weit von unserem Grundstück hatte ich einmal bei einem Spaziergang einen Vertreter der heiss erwünschten Echsengattung gesehen. Ein überfahrenes Exemplar bestätigte mir dann, dass einige Tiere wohl auf der anderen Flussseite wohnen. Auf unserer Flussseite fand ich jedoch keine.
Wie sollten sie jemals den Weg in meinen Garten finden? Ich fragte mich, ob Echsen schwimmen. Kurz dachte ich sogar darüber nach, zwei Tiere einzufangen und bei mir anzusiedeln. Das sollte man jedoch bei Wildtieren schlichtweg unterlassen.
Und nun fand ein Exemplar den Weg ganz alleine in unseren Garten. Das gibt der Naturgartenbewegung und besonders Herrn Reinhard Witt in seiner Theorie recht, dass man Natur im Garten schaffen kann. Wenn man nur die idealen Bedingungen für eine Art erstellt, wie das bei mir bei den Mauereidechsen durch Zufall geschah (mehr dazu hier), wird sich eine Vielzahl Wildtiere und zum Teil auch seltene Wildtiere wie von selbst einstellen.
Ich war vorerst noch skeptisch gegenüber dieser Theorie eingestellt. Seitdem ich mehr Wildblumen im Garten habe, hat sich die Zahl der Schmetterlinge und Wildbienen im Garten vervielfacht. Aber dass seltene Arten wieder den Weg in unseren ein paar hundert Quadratmeter grossen Garten finden würden konnte ich nicht glauben. Seitdem ich dieses Jahr aber neben zwei Holzbienen, Taubenschwänzchen und Grauschnäppern nun auch noch Zauneidechsen im Garten beobachten konnte, bin ich bekehrt: auch seltene Arten lassen sich mit den richtigen Massnahmen im Privatgarten fördern.
Dass sich womöglich Zauneidechsen bei uns im Garten ansiedeln, gibt mir natürlich neuen Schwung und Begeisterung noch mehr für diese wunderbaren Tiere zu machen und mein Naturgartenprojekt weiter auszubauen. Schon träume ich von einer Erweiterung des Steinhaufens am Hang (mehr zu Steinhaufen hier) mit Wurzelstöcken und grösseren Stämmen zum Aufwärmen für die Tiere. Auch mache ich mir Sorgen, ob die kleineren Mauereidechsen nun nicht das Nachsehen haben und umziehen müssen. Es braucht also einfach noch mehr Verstecke, Steinhaufen und kleinere Natursteinmauern, schon allein um den Echsen Schutz vor den vielen Hauskatzen bieten, die wegen der vielen Wildtiere natürlich gerne in unseren Garten kommen.
Schlussendlich bin ich einfach dankbar für das Erlebnis und die Erkenntnis, dass Menschen nicht nur Unheil anrichten können, sondern mit dem richtigen Feingefühl und viel Geduld Wildtierparadiese schaffen können.