Das tote Rotkehlchen
Ich kam gerade aus der Haustür, als ein Rotkehlchen aufflog. Es versuchte mir auszuweichen in Richtung Autounterstand. Da es – wie alle Vögel – die Glasscheibe nicht als solche erkennen konnte, prallte es voll hinein. Ich lief sofort hin. Der kleine Vogel zuckte noch einmal, ein Faden Blut lief ihm aus dem Schnabel und dann war er tot. Eines unserer geliebten Rotkehlchen.
Wir waren erschüttert. So etwas war vermeidbar und durfte nicht mehr passieren.
Die Verletzte Heckenbraunelle
Erst ein paar Wochen zuvor hatte es eine Heckenbraunelle getroffen. Per Zufall hörte ich den dumpfen Knall gegen das Fenster. Ich hatte noch nie zuvor eine Heckenbraunelle gesehen. Nun lag sie da, völlig benommen. Der Wildhüter riet uns, das Tier vorsichtig in eine Kartonschachtel mit Luftlöchern zu legen und an einen ruhigen und dunklen Platz in der Wohnung zu stellen. Wir konnten nur noch hoffen, dass sie überlebt. Am nächsten Morgen trugen wir die Schachtel nach draussen und der Wildhüter, der extra vorbeikam, öffnete sie behutsam – und die kleine Heckenbraunelle flog raus! Wir waren alle sehr erleichtert.
Oft geht es nicht glimpflich aus. Auch wenn wir meinen, der Vogel habe es überstanden, kann er später den Verletzungen erliegen.
5 Fakten zum Glas-Tod
- Jedes Jahr sterben allein in der Schweiz Hunderttausende von Vögeln durch Glasscheiben! Praktisch alle Vogelarten sind betroffen, auch seltene und bedrohte.
- Laut der Schweizerischen Vogelwarte ist der Tod an Scheiben eines der grössten Vogelschutzprobleme hierzulande.
- Die meisten Unfälle bekommt man nicht mit.
- Warum Vögel gegen Scheiben fliegen:
1. Glas spiegelt – Vögel fliegen in die vermeintliche, gespiegelte Landschaft.
2. Glas ist transparent – Vögel versuchen hindurchzufliegen. - Vogelkollisionen gibt es fast überall und an jedem Gebäudetyp, sie lassen sich jedoch gut verhindern.
Anleitungen mit Bildern
Hier drei sehr gute Anleitungen von BirdLife und der Vogelwarte mit zahlreichen Bildern.
Die wichtigsten Infos versuche ich in diesem Blogbeitrag aufzuführen.
Die Lösung: Scheiben markieren
Streifen
Sehr wirkungsvoll sind Streifen:
– Vertikale Streifen sollten mindestens 5 mm breit sein, mit maximal 10 cm Abstand voneinander.
– Horizontale Linien sollten mindestens 3 mm breit sein, mit maximal 5 cm Abstand voneinander.
Am Autounterstand, wo das Rotkehlchen verendet ist, haben wir sogleich Klebstreifen auf die Scheiben geklebt. Eine Lösung in 5 Minuten, die kleine Leben retten kann:
Muster
Für die heiklen Fenster in der Wohnung bestellten wir hübsche helle Punkte und Kreise – selbstklebende Vogelschutzfolien, welche man aussen auf die Scheiben klebt. Hier bekommt man sie:
Es gibt die Vogelschutzfolien in allerlei Formen und Farben:
4 Schritte - Aufkleben der Vogelschutzfolien
1. Einzelnen Formen der Vogelschutzfolie ausschneiden: Es muss nicht Millimeter genau sein.
2. Formen zurechtlegen: Formen auf Tisch oder Boden zurechtlegen, auf einer Fläche so gross wie die Scheibe. So verteilen, wie man sie haben möchte und überall mit einem maximalen Abstand von einer Handbreite (10 cm).
3. Formen AUSSEN am Fenster anbringen: Sonst sind sie aufgrund der Spiegelung zu wenig sichtbar.
4. Formen aufkleben: Scheiben putzen. Kleine Formen kann man direkt aufkleben. Für grössere Formen Glas-Stelle ein wenig befeuchen mit Schwamm mit etwas Wasser und Seife. So lassen sich Luftblasen vermeiden. Tipp: Vorher gut schauen wo man Formen aufkleben will, sie lassen sich nachher kaum verschieben.
4 Tipps
- Nur eine flächige Markierung bringt Schutz. Jegliche Muster mit einem Abstand von maximal einer Handbreite (10 cm) anbringen.
- Alle Markierungen aussen am Fenster anbringen. Innen angebracht sind sie kaum sichtbar – wegen der Reflexion der Scheiben.
- Helle Folien verwenden, sie ergeben mehr Kontrast. Wenn Farben: orange und rot sind besser als gelb, grün oder blau.
- Futterstellen und Nistkästen möglichst nicht in Fensternähe anbringen. Oder wenn schon in einer Distanz von maximal 1 Meter von der Scheibe, sodass ein Vogel bei einem plötzlichen Start gegen die Scheibe noch keine hohe Geschwindigkeit erreicht hat. Zudem sollte man Muster auf den Scheiben anbringen:

Andere Möglichkeiten
- Helle grobe Nylonschnüre aussen vor das Fenster spannen mit max. 10 cm Abstand.
- Jalousien runterlassen und querstellen.
- Ständig zugezogene, lichtdurchlässige Vorhänge – sie helfen aber nur bei reflexionsarmem Glas.
- Fingerfarben-Zeichnungen auf Fenstern – sie helfen nur bei reflexionsarmem Glas, ausser man bringt sie aussen an. Keine Flächen freilassen, die grösser als eine Handbreit sind.
Besonders gefährlich
- Eckkonstruktionen, also zwei Fenster die im rechten Winkel zueinander stehen (in einer Ecke), sind sehr kritisch, weil Vögel versuchen hindurchzufliegen. Lösung: Hübsche Vogelschutzfolien auf die Fenster kleben.
- Fenster in denen sich die Landschaft spiegelt wie Bäume, Sträucher, der Garten, Felder, oder auch nur der Himmel, sind Vogel-Fallen. Zurückgesetzte Fenster (z. B. hinter einem Balkon) sind nach unserer Erfahrung etwas weniger gefährdet.
- Fensternahe Pflanzen sind gefährlich – innen wie aussen. Vögel möchten sie anfliegen und verunfallen dabei sehr häufig. Anstatt Sträucher und Bäume abzuschneiden oder Zimmerpflanzen umzuplatzieren, besser die Scheiben markieren.
- Wintergärten sind besonders heikel, weil sie ganz aus Glas bestehen. Zum Teil reicht es, wenn die (Stirn-)Seiten des Wintergartens markiert werden.
- Balkongeländer aus transparentem Glas sollte man vermeiden und stattdessen z. B. Milchglas verwenden. Wenn sie schon da sind: mit flächigen Mustern markieren.
- Veloständer aus Glas sind völlig unnötige Vogel-Fallen. Man kann sie sehr einfach flächig markieren.
- Lärmschutzwände werden inzwischen meist schon beim Bau mit Vogelschutzmarkierungen ausgestattet. Ansonsten kann man nachhelfen mit Mustern in allen Variationen.
- Windschutzwände aus Glas sind sehr ungünstig. Auch hier: Streifen, Kreise, fantasievolle Formen aufbringen, überall mit maximal 10 cm Abstand.
Was nicht hilft
- Schwarze Greifvogelsilhouetten sind wirkungslos.
- UV-Stickers, UV-Folien, UV-Pens helfen kaum.
- Aussen angebrachte Insektenschutznetze sollen etwas Schutz geben, aber bei uns knallte ein Vogel trotzdem recht hart gegen die Scheibe.
- Schlecht geputzte Fenster sind besser als saubere … Das reicht aber in unserer Erfahrung auch nicht.
Hilfe, ein Muster auf dem Fenster …
Wir hatten zuerst Angst, dass wir die Folien als störend empfinden könnten. Das ist zum Glück nicht der Fall. Die Augen gewöhnen sich sehr schnell daran, und die Muster haben gar etwas Kreatives und Verspieltes. Wer will, kann sogar sehr schöne und vielfältige Dekos auf die Scheiben zaubern. Viele Leute haben sowieso ein Bedürfnis nach Sichtschutz und dem kommen die Vogelschutzfolien entgegen. Zudem steigt die Akzeptanz, wenn verstanden wird, warum eine Scheibe markiert ist.
Beim Bauen
Fragen vor dem Bau
- Muss es wirklich transparentes oder reflektierendes Glas sein?
- Könnte man auch Gussglas, Drahtglas, Milchglas, Glasbausteine oder Stegplatten verwenden?
- Achtung, getönte Scheiben und Sonnenschutzfolien helfen nichts, im Gegenteil, sie reflektieren.
- Kann man Oberlichter einsetzen anstatt seitliche Fenster?
- Kann man die Glasflächen neigen, statt sie im rechten Winken anzubringen?
Glas-Wahl
- Glas mit möglichst wenig Aussenreflexion (maximal 15 %) wählen. Das allein reicht aber noch nicht.
- Glas mit einer ganzflächigen Musterung wählen: gerippt, geriffelt, mattiert, sandgestrahlt, geätzt, eingefärbt oder bedruckt.
- Markierungen kann man schon werkseitig durch Siebdruck anbringen lassen. Glasfabriken bieten oft eine Vielzahl von Dekors und Farben «ab Stange» an.
- Auch lassen sich unterschiedlichste Folien zwischen zwei Glasplatten einlaminieren.
- Anstelle von markiertem Glas kann man auch ständige Lamellen, Jalousien oder Brise Soleil vor den Fenstern anbringen.