Im Winter gibt es im Garten nicht viel zu tun. Auch die Tiere, die ich so gerne bei der Gartenarbeit beobachte haben sich, bis auf die Vögel, zum Winterschlaf zurückgezogen oder warten noch verpuppt auf ihren grossen Auftritt. Die Gefiederten, die nicht in den warmen Winterurlaub geflogen sind (0 CO2!) kann man nun dank des fehlenden Laubes umso besser beobachten. Aber ab Ende Januar habe ich schon genug Bücher gelesen und die Planungen für das nächste Naturgartenjahr abgeschlossen und es brennt mir unter den Nägeln rauszugehen und etwas im Garten zu machen. Ich sehne mich danach Pflanzen beim Wachsen zuzuschauen, nach Blüten und summenden Stechimmen und anderen hüpfenden und krabbelnden Insekten.
Deswegen bin ich froh, wenn auch der Februar mit interessanten Vogelbeobachtungen überstanden ist und ich Mitte März dann endlich mit der Anzucht fürs neue Gartenjahr beginnen kann. Denn Säen ist für mich wie Magie.
Wenn man diese zum Teil winzig kleinen Samen in die Töpfe legt, mit ein paar Krumen Erde bedeckt, sanft andrückt und mit viel Hingabe giesst und diese kleinen Kapseln mit unvermuteter Kraft zum Leben erwachen, das ist für mich ein Wunder! Ein Wunder, das ich auch noch selbst erleben und auslösen darf.
Jeden Morgen stehe ich mit einem Lächeln auf, gehe noch in Unterhose bekleidet mit meiner kleinen Giesskanne und einem Wassersprayer bewaffnet auf meinen Rundgang: Kommt da nicht doch noch etwas im kleinen Töpfchen mit Teefenchel, den man schon längst aufgegeben hatte? Und sind da nicht etwa über hundert Karthäusernelken aus diesen winzigen Samenkörnern gekeimt! Von meinem eigenen Saatgut!

Lehrmeister in Geduld und Kontinuität
Ich muss zugeben, dass mich solche Ergebnisse mit Stolz erfüllen, denn das war nicht immer so. Noch vor ein paar Jahren hätte ich mir noch einen guten „Dörrdaumen“ attestiert.
Ich hatte den Eindruck, dass meine Ansaaten im Beet nie besonders gut kamen. Ich habe mir auch nie die Mühe gemacht am Frühlingsanfang im Haus vorzuziehen und mir fehlte es schlicht an Kontinuität und Geduld. Deswegen überliess ich das Vorziehen lieber anderen scheinbar begabteren Menschen.
Doch die Pflanzen sind wunderbare Lehrmeister. Sie belohnen meine Bemühungen und meine Ausdauer mit kräftigen Keimlingen und neuen Erfolgserlebnissen. Denn wenn das Saatgut einer Wildblume aufgeht, die ich unbedingt im Garten haben will, macht mich das so glücklich und dankbar. Es spornt mich an, weiter diszipliniert und kontinuierlich um die anderen Ansaaten zu kümmern. So lehren mich die Pflanzen geduldig zu sein und über längere Zeit am Ball zu bleiben und mittlerweile verstehe ich diese Lehrstunde auch auf andere Bereiche des Lebens anzuwenden.
Lehrreiche Rückschläge
Ich habe auch einen grünen Daumen entwickelt, da mir meine Pflanzen mittlerweile so wichtig sind. Denn wenn einem etwas wirklich wichtig ist, dann bringt man das nötige Einfühlungsvermögen auf, ist bereit dazulernen und übernimmt Verantwortung.
Doch gibt es bei mir auch Rückschläge. So habe ich es dieses Jahr nicht fertig gebracht eine einzige Glockenblume aufzuziehen. Ich hatte gelesen, dass selbstgesammeltes Saatgut von Glockenblumen am besten gleich nach der Saatgewinnung wieder ausgesät wird, da die Samen sonst in eine Art Samenruhe fallen können und dann erst wieder in ein oder zwei Jahren keimen. Das ist ein Trick der Pflanze um ihr Überleben auf Jahre zu sichern. Ist das nächste Jahr trocken oder aus anderen Gründen zum Keimen ungeeignet, gibt es immer noch Samen, die im zweiten und im dritten Jahr nach dem Aussäen aufgehen können und das dann vielleicht unter besseren Bedingungen.
Ich hatte diese Information aber erst im November gelesen und so kümmerte meine Herbstansaat von Rundblättrigen Glockenblumen Campanula rotundifolia nur so vor sich hin, machte im Dezember lange hellgrüne Triebe, um dann einzugehen. Eine erneute Ansaat im März will einfach nicht keimen. Das ist schade, da mir Glockenblumen sehr am Herzen liegen. Doch ich werde es weiter versuchen, mich weiter informieren und neues Saatgut dieses Jahr sammeln und gleich danach wieder aussäen.
Solange trösten mich eine sehr gelungene Ansaat von Karthäusernelken Dianthus cartusianorum, wunderbar kräftige Gelbe Skabiosen Scabiosa ochroleuca und Kleiner Wiesenknopf Sanguisorba minor über mein Campanulaunglück hinweg. Deswegen empfehle ich recht viel verschiedene Pflanzen anzusäen. Dann hat man auch immer das eine oder andere Erfolgserlebnis.
Ausserdem beobachte ich, dass ich mit der Zeit mehr und mehr Fingerspitzengefühl für die Ansaaten entwickle und es deswegen wohl einfach das Beste ist ins kalte Wasser zu springen und es einfach selber auszuprobieren und über Versuch & Irrtum zu lernen.