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Am Anfang diese Jahres haben meine Frau und ich die Exkursionen, die wir für das Jahr machen wollen schon mal vorgeplant. Das mag pedantisch klingen, hat für uns beide aber zwei Vorteile: Erstens ist es wie eine Verabredung mit der Natur, die wir auch wirklich wahrnehmen – denn zu gross ist die Verführung ohne einen eingetragenen Termin einfach zu Hause zu bleiben. Und zweitens verbringen wir nicht einen halben Samstag damit über alle möglichen Ausflugsziele zu diskutieren um dann am Ende doch nichts zu unternehmen. So sah ich etwas erstaunt, dass wir für ein Wochenende Anfang März schon einen Ausflug in eine ehemalige Kiesgrube vorgesehen hatten. Ich fragte mich, was wir so früh im Jahr in einem Gebiet für seltene Pflanzen zu sehen bekämen. Doch wir wurden nicht enttäuscht.

 

Insektenmagnet Hungerblümchen

Es flogen nicht nur mit dem Kleinen Fuchs und dem Zitronenfalter die ersten Schmetterlinge durch die warme Frühlingsluft. Überall spross und grünte es und es gab schon die eine oder andere frühe Blüte zu sehen. Und dann stiessen wir auf einer mageren Wiese zwischen zwei hohen Heckenreihen versteckt auf ein kleines Wunder. Tausende von Gewöhnlichen Frühlings-Hungerblümchen Erophila verna hatten einen richtigen Blühteppich gebildet. Und dieser lockte wie ein Magnet mit seinem Nektar und seinem gelben Pollen dutzende Wildbienen, dicke Fliegen, aber auch Laufkäfer und andere Insekten an. Es war ein reges Kommen und Gehen zwischen diesen Blümchen, die eigentlich nur aus einem zarten kleinen Blütenkelch und einem dünnen und im Verhältnis zur Blüte, langen Stängel zu bestehen scheinen.

Ob es nun die Polster aus Weissen Veilchen Viola alba und Wohlriechenden Veilchen Viola odorata auf einer Waldlichtung in einem Bergsturzgebiet sind, die ersten Frühlings-Krokusse Crocus albiflorus auf einer extensiven Bergwiese oder Wald-Schlüsselblumen Primula elatior subsp. elatior an einem Waldrand. Es sind diese ersten Blüten, die mich in Frühlingsstimmung versetzen, die hoffnungsfroh und noch vor den ersten neuen Blättern an Baum und Strauch das neue Jahr ankündigen.

Wald-Schlüsselblume – Primula elatior subsp. elatior

Frühlings-Krokus – Crocus albiflorus

Weisses Veilchen – Viola alba

Busch-Windröschen – Anemone nemorosa

Wohlriechendes Veilchen – Viola odorata

Nahrung für erste Insekten im Jahr

Der rege Andrang von Stechimmen, Fliegen und anderen Insekten hat mir noch etwas anderes gezeigt. Diese frühen Blüten sind nicht nur schön fürs Auge und Herz berührend als Frühjahrsboten. Sie sind vor allem das erste Frühstück für Frühaufsteher! Denn wenn im Boden überwinternde Hummelköniginnen erwachen oder andere Wildbienen zu früher Zeit aus ihrem Kokon schlüpfen brauchen sie Nahrung in Form von Nektar. Sie beginnen auch sofort Blütenpollen für die Aufzucht ihrer Kinder (Brut) zu sammeln.

Denn ohne Nektar geht ihnen die Kraft aus und ohne Pollen können sie keine Brutzellen anlegen für die kommende Generation. Ausserdem leben die meisten Wildbienen nur wenige Monate: finden sie in dieser Zeit keine artgerechte Nahrung sterben sie, ohne Nachwuchs hinterlassen zu können. Als Folge der Klimaerwärmung erwachen oder schlüpfen Insekten auch immer früher und unregelmässiger. Auch dann ist es wichtig im eigenen Garten Blüten mit Pollen und Nektar zu haben oder Naturschutzgebiete zu bewahren, in denen sich Frühblüher ausbreiten können, wie die Frühlings-Hungerblümchen in der ehemaligen Kiesgrube.

 

Bedrohung für ein frühes Blühen

Mehrere Ladungen Gülle im Jahr, ein zu früher Schnittzeitpunkt oder zu häufiges Mähen der Wiesen und der Traum einer Frühblüherwiese ist vorbei. 2 Drittel aller Wildblumen sind Hungerkünstler, die bei der Gabe von zu viel Nährstoffen und zu häufige Nutzung ihren Platz an die wenigen Pflanzen verlieren, die mit sauerer Gülle und häufigen Mähen klarkommen. Das sind Allerweltspflanzen wie Löwenzahn, Hahnenfuss und Gräser.

Beim Anlegen von Frühblüherflächen im Garten ist es wichtig, wilde Arten den gezüchteten Pflanzen vorzuziehen. Ein Krokus aus dem Baumarkt sieht zwar schön aus und blüht lange. Aber in Folge der menschlichen Auslese auf eine erstaunliche Blütenfarbe und eine lange Blühdauer fehlt diesen Pflanzen häufig die Fähigkeit zur geschlechtlichen Vermehrung. Kurz gesagt, sie sind steril und produzieren keinen Pollen und Nektar: Schön aber nutzlos!

Wilde Frühblüher für den Garten

Samenfeste wilde Arten, wie zum Beispiel der Elfenkrokus Crocus tommasinianus, der Gekielte Lauch Allium carinatum, die Kleine Traubenhyazinthe Muscari botryoides, die Weinbergtulpe Tulipa sylvestris oder die Wilde Gelbe Narzisse Narcissus pseudonarcissus dagegen, produzieren Pollen und Nektar und breiten sich über Samen in Ihrem Garten aus. Vorausgesetzt Sie warten mit dem Rasenmähen, bis die Blüten vergangen und die Blätter der Pflanze sich wieder zurückziehen.

Mein Fazit ist es, dass es in meinen Garten noch zu wenig Frühblüher hat (und zu viele Wühlmäuse, die gerne Blumenzwiebeln essen), es jedoch wichtig ist, dass es möglichst lange im Jahr im Garten blüht. Denn es sollte immer etwas zum sammeln oder zu schlürfen für Insekten im Garten vorhanden sein. Ich möchte kein schlechter Gärtner sein und die Bewohner in meinem Garten nicht leer ausgehen lassen! Dann erfreue ich mich im Frühjahr an einem Blütenmeer und viel Besuch von kleinen feinen Freunden.